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Wahlrecht ab 16 – Unnötig oder unerlässlich?

„Kein Mensch ist gut genug, einen anderen Menschen ohne dessen Zustimmung zu regieren“
– Abraham Lincoln

Die Bundestagswahl 2021 steht an und jeder Bürger im Land trifft eine Entscheidung darüber, wem er die Regierungsgeschäfte für die nächsten vier Jahre anvertrauen will. Jeder? Nicht ganz. Von den etwa 83 Millionen Einwohnern Deutschlands sind 13,75 Millionen nicht wahlberechtigt – das sind etwa 16% der Bevölkerung. Der Grund dafür ist ihr Alter, denn sie alle haben das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet und sind daher bei der Bundestagswahl nicht zur Wahl zugelassen.

Die Meinung von 16% der Bevölkerung unseres Landes fließt nicht in die Zusammenstellung der Regierung mit ein, weil sie als zu unreif gesehen wird. Während das bei jüngeren Kindern auch sinnvoll wirkt, scheint es doch nicht richtig die Meinung derer zu ignorieren, die alt genug sind, sich eine eigene zu bilden, wie es 16-jährige sind.

Warum wir das Wahlrecht ab 16 brauchen

Die Meinung von Jugendlichen wird häufig nicht ernst genommen, obwohl viele der Entscheidungen, die jetzt getroffen werden, besonders für die jüngere Generation relevant sind. Denn beispielsweise die größten Auswirkungen der Klimakrise werden nicht die Alten treffen, sondern vor allem diejenigen, die heute noch nicht einmal wahlberechtigt sind. Unsere Zukunft wird verspielt und wir können nur ohnmächtig dabei zusehen, während Parteien zu geringe Klimaziele verfolgen, die uns nicht aus der Krise helfen können.

Auch andere Anliegen Jugendlicher finden in der Politik häufig wenig Beachtung. Im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2021 findet jedes Thema Beachtung – außer denen, die Jugendliche betreffen. Was uns wichtig ist und was wir fordern, ignorieren sie meist – und wenn nicht instrumentalisieren sie unsere Anliegen um sich besser darzustellen. Wie unwichtig Kinder der Politik sind, haben nicht zuletzt die Luftfilter in den Schulen bewiesen. Welche Luftfilter? Hier sind doch gar keine? Ein Grund dafür ist, dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Corona den Politikern keine weiteren Stimmen einbringt. Es dürfen überhaupt erst seit Ende August Anträge auf Fördergelder für diese gestellt werden. Das war beinahe ein Monat nach Schulbeginn. Ob es wohl auch dazu gekommen wäre, wenn die Politik sich vor fehlenden Stimmen Jugendlicher hätte fürchten müssen?

Ein häufig genanntes Gegenargument ist die Unreife von Jugendlichen und ihr mangelndes Interesse an Politik. Ich denke, dass spätestens die Fridays-For-Future Proteste gezeigt haben, dass jungen Menschen die Politik nicht egal ist und sie nicht zufrieden mit der Richtung sind, in die sich unser Land bewegt. Jugendliche haben bewiesen, dass sie ihre eigene Meinung und Stimme haben. Ist sie wirklich weniger wert, nur weil sie jünger sind?

Wahlrecht ab 16 kann funktionieren

Dass Jugendliche zur Wahl zuzulassen nicht im kompletten Chaos und Weltuntergang enden muss, haben Kommunalwahlen gezeigt, bei denen in vielen Bundesländern, um genau zu sein 11 von 16, Jugendliche wählen. Selbst bei Landtagswahlen gibt es in manchen Ländern das Wahlrecht ab 16, allerdings nur in 5 Bundesländern. Auch eine Senkung des Wahlalters ist nicht einmal beispiellos. Schon 1972 wurde das benötigte Alter zur Wahl von 21 auf 18 Jahre gesenkt.

Dass es das Wahlrecht ab 16 bei der Bundestagswahl nicht gibt, ist daher nicht nur uns Jugendlichen gegenüber respektlos, sondern auch den Bundesländern, die es erlauben. Ist die Landtagswahl wirklich so unwichtig, dass es nicht schlimm ist, wenn ein paar „unreife“ Stimmen mitsprechen?

Erwachsene entscheiden, was gut für uns ist. Was wir wollen, wird dabei häufig übergangen. Wie sollen wir zu mündigen Bürgern werden, denen die Demokratie wichtig ist, wenn wir so lange nur tatenlos zusehen können? Gerade fühlt es sich an, als wären wir der Spielball der Älteren. Soll es für immer so weitergehen?

Ich jedenfalls freue mich darauf, das erste Mal wählen zu können.

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